از خوانده‌ها و نخوانده‌ها

chapter 8

جمعه, ۱۱ مهر ۱۳۹۹، ۰۵:۳۶ ب.ظ

Ich hatte nicht gewußt, daß Züpfner mit Vornamen Heribert hieß. Als
sie den
Namen nannte, fiel mir ein, daß nur er gemeint sein konnte. Ich
dachte wieder an das Händchenhalten. Mir war schon aufgefallen,
daß in Hannover viel mehr katholische Priester und Nonnen zu
sehen waren als zu der Stadt zu passen schien, aber ich hatte nicht
daran gedacht, daß Marie hier jemand treffen könnte, und selbst
wenn – wir waren ja manchmal, wenn ich ein paar Tage frei hatte,
nach Bonn gefahren, und sie hatte den ganzen »Kreis« ausgiebig
genießen können.
»Hier im Hotel?« fragte ich müde.
»Ja«, sagte sie.
»Warum hast du mich nicht mit ihnen zusammen gebracht?«
»Du warst ja kaum hier«, sagte sie, »eine Woche lang immer
unterwegs -
Braunschweig, Hildesheim, Celle ...«
»Aber jetzt habe ich Zeit«, sagte ich, »ruf sie an, und wir trinken
noch was unten in der Bar.«
»Sie sind weg«, sagte sie, »heute nachmittag gefahren.«
»Es freut mich«, sagte ich, »daß du so lange und ausgiebig
›katholische Luft‹ hast atmen können, wenn auch importierte.« Das
war nicht mein, sondern ihr Ausdruck. Manchmal hatte sie gesagt,
sie müsse mal wieder katholische Luft atmen.
»Warum bist du böse«, sagte sie; sie stand immer noch mit dem
Gesicht zur
Straße, rauchte schon wieder, und auch das war mir fremd an ihr:
dieses hastige
Rauchen, es war mir so fremd wie die Art, in der sie mit mir sprach.
In diesem
Augenblick hätte sie Irgendeine sein können, eine Hübsche, nicht
sehr Intelligente, die irgendeinen Vorwand suchte, um zu gehen.
»Ich bin nicht böse«, sagte ich, »du weißt es. Sag mir nur, daß du's
weißt.«
Sie sagte nichts, nickte aber, und ich konnte genug von ihrem
Gesicht sehen, um
zu wissen, daß sie die Tränen zurückhielt. Warum? Sie hätte weinen
sollen, heftig und lange. Dann hätte ich aufstehen, sie in den Arm
nehmen und küssen können. Ich tat es nicht. Ich hatte keine Lust,
und nur aus Routine oder Pflicht wollte ich's nicht tun. Ich blieb
liegen. Ich dachte an Züpfner und Sommerwild, daß sie drei Tage
lang mit denen hier herumgeredet hatte, ohne mir etwas davon zu
erzählen. Sie hatten sicherlich über mich gesprochen. Züpfner
gehört zum Dachverband katholischer Laien. Ich zögerte zu lange,
eine Minute, eine halbe oder zwei, ich weiß nicht. Als ich dann
aufstand und zu ihr ging, schüttelte sie den Kopf, schob meine
Hände von ihrer Schulter weg und fing wieder an zu reden, von
ihrem metaphysischen Schrecken und von Ordnungsprinzipien, und
ich kam mir vor, als wäre ich schon zwanzig Jahre lang mit ihr
verheiratet. Ihre Stimme hatte einen erzieherischen Ton, ich war zu
müde, ihre Argumente aufzufangen, sie flogen an mir vorbei. Ich
unterbrach sie und erzählte ihr von dem Reinfall, den ich im Variete
erlebt hatte, dem ersten seit drei Jahren. Wir standen nebeneinander
am Fenster, blickten auf die Straße hinunter, wo dauernd
Taxis vorfuhren, die katholische Komiteemitglieder zum Bahnhof
brachten: Nonnen, Priester und seriös wirkende Laien. In einer
Gruppe erkannte ich Schnitzler, er hielt einer sehr fein aussehenden
alten Nonne die Taxitür auf. Als er bei uns wohnte, war er
evangelisch. Er mußte entweder konvertiert sein oder als
evangelischer Beobachter hier gewesen sein. Ihm war alles
zuzutrauen. Unten wurden Koffer geschleppt und Trinkgelder in
Hoteldienerhände gedrückt. Mir drehte sich vor Müdigkeit und
Verwirrung alles vor den Augen: Taxis und Nonnen, Lichter und
Koffer, und ich hatte dauernd den mörderisch müden Applaus im
Ohr.
Marie hatte längst ihren Monolog über die Ordnungsprinzipien
abgebrochen, sie
rauchte auch nicht mehr, und als ich vom Fenster zurücktrat, kam sie
mir nach, faßte mich an der Schulter und küßte mich auf die Augen.
»Du bist so lieb«,
sagte sie »so lieb und so müde«, aber als ich sie umarmen wollte,
sagte sie leise: »Bitte, bitte, nicht«, und es war falsch von mir, daß
ich sie wirklich losließ. Ich warf mich in den Kleidern aufs Bett,
schlief sofort ein, und als ich am Morgen wach wurde, war ich nicht
erstaunt darüber, daß Marie gegangen war. Ich fand den Zettel auf
dem Tisch: »Ich muß den Weg gehen, den ich gehen muß.« Sie war
fast fünfundzwanzig, und es hätte ihr etwas Besseres einfallen
müssen. Ich nahm es ihr nicht übel, es kam mir nur ein bißchen
wenig vor. Ich setzte mich sofort hin und schrieb ihr einen langen
Brief, nach dem Frühstück noch einen, ich schrieb ihr jeden Tag und
schickte die Briefe alle an Fredebeuls Adresse nach Bonn, aber ich
bekam nie Antwort.

موافقین ۰ مخالفین ۰ ۹۹/۰۷/۱۱
سا را

نظرات  (۰)

هیچ نظری هنوز ثبت نشده است

ارسال نظر

ارسال نظر آزاد است، اما اگر قبلا در بیان ثبت نام کرده اید می توانید ابتدا وارد شوید.
شما میتوانید از این تگهای html استفاده کنید:
<b> یا <strong>، <em> یا <i>، <u>، <strike> یا <s>، <sup>، <sub>، <blockquote>، <code>، <pre>، <hr>، <br>، <p>، <a href="" title="">، <span style="">، <div align="">
تجدید کد امنیتی